Eheliche Schenkung im italienischen Zivilrecht

Eine Form der Großzügigkeit im Hinblick auf eine Ehe
Im Rahmen des italienischen Zivilrechts nimmt eine besondere Form der Schenkung im Zusammenhang mit der Eheschließung einen eigenen Platz ein: die sogenannte donazione obnuziale, geregelt in Artikel 785 des Codice Civile. Dieses Rechtsinstitut hat eine lange Tradition und geht bereits auf das römische Recht zurück, wo es ursprünglich dazu diente, der Ehefrau im Falle des Todes ihres Ehemanns eine Art Wittum zu sichern. Im heutigen Recht hat die donazione obnuziale jedoch ihre ursprünglich vermögensschützende Funktion weitgehend eingebüßt und wird nach überwiegender Auffassung der Lehre vielmehr als Mittel zur Förderung und Unterstützung der Gründung einer neuen Familie verstanden.
Wesen und Zustandekommen der donazione obnuziale
Kennzeichnend für diese Schenkung ist, dass sie in Aussicht auf eine bestimmte künftige Ehe erfolgt – also auf eine Ehe, die zum Zeitpunkt der Schenkung noch nicht geschlossen, jedoch eindeutig bestimmbar ist. Nach herrschender Meinung müssen in der Schenkungsurkunde beide Ehegatten namentlich genannt sein; eine Mindermeinung hält hingegen die Benennung eines der beiden Verlobten für ausreichend. In jedem Fall ist die Form des notariellen Aktes gesetzlich vorgeschrieben.
Besonders ist, dass diese Schenkung keiner Annahmeerklärung des Beschenkten bedarf, um wirksam zu werden. Diese Besonderheit, historisch bereits in Artikel 1062 des alten Codice abrogato sowie im Code Napoléon verankert, hat eine kontroverse Diskussion über die Rechtsnatur des Geschäfts ausgelöst. Ein Teil der Lehre lehnt die Qualifikation als Vertrag ab und betrachtet die donazione obnuziale vielmehr als einseitiges Rechtsgeschäft, das allein durch die Willenserklärung des Schenkenden zustande kommt. Eine andere Auffassung sieht darin einen einseitig verpflichtenden Vertrag, der mit dem Angebot des Schenkers wirksam wird – vorbehaltlich des Ablehnungsrechts des Beschenkten. Da jedoch Artikel 1333 c.c. keine Anwendung findet, bleibt diese Frage umstritten.
Obwohl die Schenkung formal zustande kommt, bleiben ihre Wirkungen bis zur Eheschließung aufschiebend bedingt. In der Lehre besteht Uneinigkeit darüber, ob es sich hierbei um eine Tatsachenbedingung (condicio facti) handelt, deren Eintritt vom Willen des Schenkers abhängt, oder um eine Rechtsbedingung (condicio iuris), die kraft Gesetzes eintritt, sobald die Schenkung ehebezogen erfolgt. Eine Mindermeinung stellt in Abrede, dass es sich um eine Bedingung handelt, und betrachtet vielmehr die Eheschließung als kausales Motiv der Schenkung, das die freigebige Willensbildung des Zuwendenden bestimmt.
Folgen und Regelung der Eheaufhebung
Ein zentraler Aspekt betrifft das Schicksal der Schenkung bei Annullierung der Ehe. Nach Artikel 785 c.c. führt die Nichtigkeit der Ehe zur Nichtigkeit der donazione obnuziale. Auch hier ist die Lehre gespalten: Eine erste Auffassung interpretiert den Begriff „Nichtigkeit“ technisch im Sinne einer ex tunc-Wirkung, wonach die Schenkung von Anfang an als unwirksam gilt. Eine andere Position hält den Ausdruck für unglücklich gewählt und sieht darin vielmehr eine Form nachträglicher Unwirksamkeit. Die Rechtsprechung folgt jedoch einer wörtlichen Auslegung und erkennt der Norm einen technischen Gehalt zu.
Anders verhält es sich bei der Scheidung, da diese die donazione obnuziale nicht berührt. Die Scheidung tritt nach einer rechtsgültigen Eheschließung ein und betrifft somit nicht die Entstehung der Schenkung. Allerdings steht es den Parteien frei, eine auflösende Bedingung für den Fall der Scheidung zu vereinbaren. Dasselbe gilt bei der Trennung der Ehegatten.
Zum Schutz gutgläubiger Dritter bestimmt das Gesetz, dass Rechtsgeschäfte, die zwischen der Eheschließung und dem rechtskräftigen Annullierungsurteil getätigt wurden, ihre Gültigkeit behalten. Ebenso darf der gutgläubige Ehegatte die Erträge aus der Schenkung behalten, die vor der Klageerhebung vereinnahmt wurden.
Bezüglich der ungeborenen Kinder bleibt die Schenkung nur gegenüber jenen wirksam, bei denen die Wirkungen der Putativehe (matrimonio putativo) eintreten. Diese Regelung wurde kritisiert, da sie Kinder aus Ehen, die wegen schwerer Mängel (z.?B. Bigamie oder Inzest) nichtig sind, benachteiligt.
Beteiligte Personen und Gegenstand der donazione
Eine donazione obnuziale kann sowohl von Dritten als auch von einem der Verlobten zugunsten des anderen vorgenommen werden. Unter bestimmten Umständen kann sie auch zugunsten zukünftiger Kinder erfolgen – allerdings nur durch Dritte. Würde ein Elternteil selbst eine solche Zuwendung vornehmen, käme Artikel 784 c.c. zur Anwendung.
Das Gesetz sieht auch Ausnahmen von den allgemeinen Regeln über die Schenkungsfähigkeit vor: Ein Entmündigter darf mit gerichtlicher Genehmigung aus Anlass der Heirat seiner Nachkommen Schenkungen tätigen. Ebenso kann ein entmündigter, aber geschäftsfähiger Schenker mit Zustimmung des Betreuers und Genehmigung des Vormundschaftsrichters eine Schenkung vornehmen.
Umstritten ist der Fall des Minderjährigen: Die ursprüngliche Fassung von Artikel 774 c.c. sah ausdrücklich die Schenkungsfähigkeit im eigenen Ehevertrag vor. Nach der Familienrechtsreform fehlt dieser Verweis. Es wird daher diskutiert, ob die donazione obnuziale heute als Ehevertrag im Sinne von Artikel 165 c.c. anzusehen ist.
Was den Gegenstand der Schenkung betrifft, kann sie sich auf jedes dingliche Recht beziehen, einschließlich des Nießbrauchsrechts. Auch regelmäßige Schenkungen gelten als von Artikel 785 c.c. erfasst. Die Rechtsprechung hat in von Eltern übernommenen Kosten für Erwerb oder Renovierung einer Immobilie für das Brautpaar bereits Beispiele für wirksame donazione obnuziale anerkannt.
Indirekte donazione obnuziale und Geschenke unter Verlobten
Die Rechtsprechung hat lange Zeit die Möglichkeit einer indirekten donazione obnuziale anerkannt – etwa bei finanziellen Unterstützungsleistungen eines Elternteils zur Renovierung der Wohnung der künftigen Schwiegertochter oder beim Kauf von Möbeln für das gemeinsame Heim. Der italienische Kassationshof hat diese Auffassung später verworfen und klargestellt, dass eine donazione obnuziale als typisiertes und formbedürftiges Geschäft nicht durch indirekte Zuwendungen verwirklicht werden kann.
Zu unterscheiden ist sie schließlich von den in Artikel 80 c.c. geregelten Verlobungsgeschenken, die jederzeit widerrufbar sind – etwa im Fall der Auflösung der Verlobung oder des Todes eines Verlobten. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung handelt es sich hierbei um Gelegenheitsgeschenke, die keiner besonderen Form bedürfen und sofortige Wirkungen entfalten.
Die donazione obnuziale stellt eine eigenständige und historisch verwurzelte Rechtsfigur dar, die im heutigen Recht zunehmend familienfördernden Charakter trägt. Trotz der detaillierten Regelung in Artikel 785 c.c. weist sie zahlreiche kontroverse Aspekte auf, insbesondere hinsichtlich ihrer Rechtsnatur, der Rechtsfolgen der Ehe und der Schenkung im Falle der Annullierung. Daher empfiehlt sich eine rechtliche Beratung durch Fachleute wie jene von Agenzia delle Successioni, um rechtliche Fehler zu vermeiden.
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